05. September 2023 in Düsseldorf – Maria Stepanova und Durs Grünbein präsentieren „Poesie 2023 – Ein Fest im Heine Haus: Gedichte in Zeiten von Krieg und Krise“ (Lesung und Gespräch)


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Datum/Zeit
Date(s) - 05/09/2023
19:30 - 21:30

Veranstaltungsort
Heine Haus Literaturhaus Düsseldorf

Kategorien


Achtung: Diese Versanstaltung findet am 05.09.2023 statt!

Poesie 2023 – Ein Fest im Heine Haus: Gedichte in Zeiten von Krieg und Krise

Heine Haus Literaturhaus Düsseldorf

Bolkerstraße 53

40213 Düsseldorf

Eintritt: siehe Website des Veranstalters

Seit 2010 wird im Heine Haus Literaturhaus Düsseldorf die Poesie jährlich mit einem mehrtägigen Programm gewürdigt in der Reihe: Poesie – ein Fest im Heine Haus. In jedem Jahr steht das Poesiefest unter einem besonderen Motto, was von Schriftstellerkollegen gestiftet wird und dem jeweiligen Programm einen kontingenten Rahmen gibt. Das Motto 2023 lautet: „Die Erde steht in den Sternen“ (Oswald Egger).

Dieses Jahr mit dabei: Monika Rinck, Yevgeniy Breyger, Daniela Seel (01.09.), Oswald Egger, Volha Hapeyeva, Kerstin Preiwuß (02.09.), Ronya Othmann, Marcel Beyer (03.09.), Maria Stepanova, Durs Grünbein (04.09.), Christoph Ransmayr (18.09., außer Haus), u.a.

Mehr Infos unter:
https://www.heinehaus.de/index.php/2023/06/18/poesiefest-2023/.

Eine Veranstaltung des Heine Hauses Düsseldorf.

Quelle: Literaturstadt Düsseldorf
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LESUNG
Durs Grünbein
Montag, 04.09.2023
Heine Haus Düsseldorf
Bolkerstraße 53
40213 Düsseldorf
Deutschland
Im Rahmen des »PoesieFest 2023«
Durs Grünbein liest aus seinem Werk

Weitere Informationen zur Veranstaltung:

PoesieFest 2023

Durs Grünbein
Der Komet

Im Mittelpunkt dieses Berichts steht eine Frau aus einfachen Verhältnissen. Es geht um das Leben von Dora W., die aus Schlesien nach Dresden kommt, mit sechzehn Mutter wird und mit fünfundzwanzig den Untergang der Stadt im Bombenkrieg miterlebt. Ziegenhüterin auf dem Lande, dann Ladenmädchen und Gärtnereigehilfin in einer niederschlesischen Kleinstadt sind ihre ersten Lebensstationen, bevor sie in dem Schlachtergesellen Oskar den Mann fürs Leben findet und ihm nach Dresden folgt, um dort eine Familie zu gründen. Eine kurze Zeit ist ihr dort geschenkt; es sind ihre goldenen Jahre, wie es scheint, aber dann stürzt die Perspektive, und es ereilt sie wie alle anderen der Krieg und mit ihm das Ende Dresdens in einer von Großmachtstreben und Rassenwahn vergifteten Gesellschaft.

Mit ihrer Geschichte verfolgt der Autor ein Einzelschicksal im historischen Kontext vor und nach dem Einmarsch des Nationalsozialismus in jedes einzelne Leben. Was macht die Diktatur aus den Menschen, die ihren Anforderungen kaum gewachsen sind und sich recht und schlecht durchschlagen? Dabei gewinnt das Auftauchen des Halleyschen Kometen im Jahre 1910, der Weltuntergangsphantasien befeuerte, eine symbolische Bedeutung für die Vernichtung der sächsischen Metropole im Feuersturm des Februars 1945.

Durs Grünbein
Falten und Fallen
Gedichte

»Fröstelnd unter den Masken des Wissens, / Von Unerhörtem verstört, / Traumlos am Tag unter zynischen Uhren, …« – die neuen Gedichte des einunddreißigjährigen Lyrikers Durs Grünbein zeugen in radikalisierter Weise von schmerzhaft desillusioniertem Bewußtsein und einem schonungslosen Blick auf die Anatomie unserer Zeit und ihrer Menschen. Bereits in seinem ersten Gedichtband Grauzone morgens bilanzierte der aus Dresden stammende Durs Grünbein das Lebensgefühl seiner Generation im sozialistischen Ghetto.
Durs Grünbeins zweites Buch Schädelbasislektion blickte unsentimental zurück auf den Zerfall der DDR und sezierte in wuchtig-wahrnehmungsscharfen Gedichtzyklen den Raum zwischen Gehirn und Schädeldecke, um Ich und Sprache sarkastisch zu diagnostizieren: »Was Du bist steht am Rand / anatomischer Tafeln.«
Zwischen 1991 und 1994 entstanden, zeigt Durs Grünbeins dritte Sammlung von Gedichten – Falten und Fallen – die Fortschreibung eines poetischen Konzepts.
Im Ausgang von präzisen Beobachtungen des Alltags, am Ort, wo das Banale und das Symbolische sich überschneiden, und auf den Spuren von Verletzung und Begehren sucht diese analytische Lyrik den Zusammenhang von Sprache und Physis zu erkunden: »Denk von den Wundrändern her, vom Veto / Der Eingeweide, vom Schweigen / Der Schädelnähte. Das Aufgehen der Monde / Über den Nagelbetten führt / Andere Himmel herauf, strenger gestirnt.«
Das Gedicht, schrieb Durs Grünbein, führt »idealerweise das Denken in einer Folge physiologischer Kurzschlüsse vor. Jeder Entladung folgt sofort wieder ein Spannungsaufbau und umgekehrt. Die Energie hierfür liefert ein Komplex, der eigentlich nur unzureichend mit ›Körper‹ bezeichnet ist, weil er sehr viel tiefer unter die Haut geht.«

Am Beispiel von Dora W. wird erzählt, wie Geschichte den Geschichtslosen widerfährt, zuletzt als Schrecken und zu späte Einsicht.

Durs Grünbein
Äquidistanz
Gedichte

Durch Geschichte und Gegenwart verfolgt Durs Grünbein in diesem neuen, seinem zwölften Gedichtband seinen Kurs des Poetisch-historischen Gedichts. Als Spurensicherung, Ortsbestimmung versteht der Dichter seine Streifzüge durch Zeiten und Räume, in denen er nicht nur Deutschland, sondern auch dem Gegenpol vieler Deutscher, Italien, und in beiden Ländern sich selbst begegnet. Immer, hier wie dort, kreuzt Vergangenheit den Weg des Wanderers. Durch Mörderreviere führen seine Verse ebenso wie über Lichtungen, zu Tauchgängen im Mittelmeer wie auf gesamtdeutsche Sandpfade und betonierte Magistralen, zwischen Kiesgruben und Flakbunkern, entlang der Ost-West-Achse des unruhigen, wieder mit Kriegen konfrontierten Kontinents. Dass bei solchen Eindrücken der europäische Gedanke ins Spiel kommt – als Realität und Utopie –, wird niemanden wundern, der Grünbein auf seinen Wegen gefolgt ist. »Für alle Fälle kann Dichtung auch das sein: ein Gerät zum Einfangen der Zukunft.«

In seinen Versen verbindet sich die genaue Betrachtung kleiner Dinge mit der feinen Ironie eines Beobachters, dem gerade das unter den großen Themen oft Verschüttete am Herzen liegt. Mit wenigen Strichen ein Gedicht zu zeichnen, ist seine mit den Jahren gereifte Kunst.
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LESUNG
Maria Stepanova und Durs Grünbein
Dienstag, 05.09.2023, 19:30
Heine Haus Düsseldorf
Bolkerstraße 53
40213 Düsseldorf
Deutschland
Im Rahmen des »PoesieFest 2023«
Maria Stepanova liest aus ihrem Buch Winterpoem 20/21
Moderation und Lesung des deutschen Textes: Durs Grünbein
Einführung: Rudolf Müller

Eintritt:
€ 10,- / erm. € 8,-
Weitere Informationen zur Veranstaltung:

PoesieFest 2023

Maria Stepanova
Winterpoem 20/21
Zweisprachige Ausgabe . Aus dem Russischen von Olga Radetzkaja

Der Ausbruch der Covid-Pandemie setzte im März 2020 einem Aufenthalt Maria Stepanovas im britischen Cambridge ein Ende. Zurück in Russland, verbrachte sie die folgenden Monate in einem Zustand der Erstarrung – die Welt hatte sich vor ihr zurückgezogen, die Zeit war »ertaubt«. Als sie aus diesem Zustand auftauchte, begann sie Ovid zu lesen. Motive fanden zueinander, die lange in ihr gewartet hatten. Wie schon in Der Körper kehrt wieder verwandelt sie historische und aktuelle Kataklysmen in ein ungemein feingliedriges, bewegliches Gebilde aus Rhythmen und Stimmen.
Das Poem, das in einer rauschhaften poetischen Inspiration entstand, spricht vom Winter und vom Krieg, von Verbannung und Exil, von sozialer Isolation und existentieller Verlassenheit. Stepanova findet grandiose Bilder für das Verstummen: wenn etwa Worte, die wir einander zurufen, in der Luft gefrieren und unser Gegenüber nicht mehr erreichen. Das Werk verwebt Liebesbriefe und Reiseberichte, chinesische Verse und dänische Märchen in eine vielstimmige Beschwörung der gefrorenen und langsam auftauenden Zeit.

Maria Stepanova
Mädchen ohne Kleider
Aus dem Russischen von Olga Radetzkaja

Mädchen ohne Kleider, Kleider ohne Leute, Ob aus Luft – auch in ihren neuen, so liedhaften wie erzählerischen Gedichtzyklen macht sich Maria Stepanova an die »Reparatur des Lebens«. Auslöser können Zufallsfunde sein: etwa das Foto von einer jungen Namenlosen, nackt auf einer Chaiselongue, dem Auge des Freiers ausgesetzt wie das Wild im Visier des Jägers. Den existentiellen Impuls, Frauen dem pornographischen Blick zu entziehen und sie zu retten, indem sie ihre Schutzlosigkeit in Poesie bannt, spürt man in jeder Zeile. Sie setzt ihre ganze Kunst dafür ein, die Erschütterung in luzide, unpathetische Verse zu bringen.

Immer sind irgendwo Mädchen ohne Kleider.

Immer ist da etwas, das an ihnen frisst.

Immer ist da etwas, das von ihnen bleibt.

Immer ist da etwas für immer vorbei.

Nie mehr wird sie den Holztrottoir betreten,

In der Hand den zitronengelb welken Schirm

Wie ein Sonnenrad, das sich dreht,

Die Straßenfrau bei der Arbeit am Sex der anderen,

Dies ist das einzige Foto von ihr.

Darauf zu sehen: rund wie die Sonne, ihr Hintern.

Quelle: Suhrkamp Verlag/Insel Verlag

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Durs Grünbein: Äquidistanz – Gedichte (eBook (EPUB), 2022) – buch7
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